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Aus Schülern werden „Majestäten“

Elisabeth-von-Thadden-Schule weihte Wieblinger Schloss ein
Mehr Platz für den Ganztagesbetrieb – Günter-Grass-Ausstellung

Mit dem Schnitt durch das rote Band gaben Volker Herion, der Direktor der Elisabeth-von-Thadden-Schule (re), und Architekt Hans-Jörg Maier beim Festakt den Weg in das umgebaute Wieblinger Schloss frei.
Foto: jög

„Es ist schon bedenklich: Wir bauen ein Schloss aus, um mehr Platz zu schaffen, und schon bei der Einweihung müssen wir feststellen, dass der Raum zu klein ist.“ Der Schulleiter der Elisabeth-von-Thadden-Schule, Volker Herion, war erstaunt und erfreut zugleich, als der neu überdachte Hof des Wieblinger Schlosses gestern aus allen Nähten platzte. Anlass des großen Andrangs war die Einweihung des Schlosses nach einjährigem An- und Umbau in ein Schülerhaus und gleichzeitig die Eröffnung der Günter-Grass-Ausstellung an der Schule.

Die über 900 Schüler der ThaddenSchule haben nun auf vier Etagen verteilt mehr Raum bekommen. „Wir brauchen im Ganztagesbetrieb einfach Platz für Übungs- und Ruhezeiten, für Pausen und für Mußestunden und für konzentriertes und individuelles Arbeiten“, erklärte Herion das Projekt. Im Erdgeschoss liegen zwei helle Säle für Mittagstisch, Bibliothek und Begegnung und die Küche, die täglich für etwa 250 Hungrige kocht. Gemütlich und geräumig ist der erste Stock des Schlosses gestaltet, der das Tagesinternat beherbergt. Schüler von der fünften bis zur zehnten Klasse verbringen hier mit vier Erziehern einige Nachmittage in der Woche. Zur besonderen Freude der Musiklehrer sind unter dem Dach des ehrwürdigen Hauses zwei gut gedämmte Musikzimmer eingerichtet worden. Und eine elfte Klasse freut sich riesig über ihren neuen Klassenraum in luftiger Höhe. Im Keller übernahmen die Schüler das Zepter und gestalteten einen Ruhe- und einen Activity-Raum. An einer kleinen Kletterwand, am Kickertisch oder am Boxsack können sie hier überflüssige Energie und Frust loswerden.

Das Schloss ist die Keimzelle der Schule. Dort habe Elisabeth von Thadden mit ihren ersten Schülerinnen gewohnt, berichtete Volker Herion. Genau vor 80 Jahren hat sie aus dem Schloss eine Mädchenschule mit Internat gemacht. Ihre Wohnung bildet das historische Herzstück des Gebäudes und erstrahlt nun nach der Restaurierung in neuem Glanz. Sie beherbergt das Thadden-Archiv und das Kaminzimmer, das als Salon für „ganz besondere Anlässe“ dient, erklärte Gudrun Aisenbrey, stellvertretende Schulleiterin. Darüber hinaus wurde das Schloss modern und mit Blick auf die Erfordernisse des Schulbetriebs gestaltet. Der ehemals gepflasterte Vorhof ist nun überdacht und dient bald als Speisesaal und Bibliothek. „Schön ist“, sagte Aisenbrey, „dass die Schüler diese Umgebung in einem unerwartet hohen Maß annehmen, respektieren und schonen.“ Vielleicht verstehen sie sich bereits als „kleine und große Majestäten“, so wie das der Heidelberger Schuldekan Ulrich Löffler in seinem Grußwort vorschlug.

Christoph Schneider-Harpprecht, Vorsitzender der Schulstiftung der Evangelischen Landeskirche, beglückwünschte die Thaddenschule ebenfalls zu dem herrschaftlichen Ambiente. Die Schulstiftung ist Trägerin der Schule und unterstützte das Umbauprojekt finanziell. Rund eine Million Euro kostete die Erneuerung des denkmalgeschützten Gebäudes.

Für Abwechslung rund um den Festakt sorgten die Bläser-AG, die Thaddenband, der Unterstufenchor und einige Schülerinnen der Jazz-Tanz-Gruppe. Die Schulpfarrerin Beate Großklaus freute sich mit den Gästen über das Schloss, das nun den „Niedrigen“ übergeben wurde und segnete es als Ort der Freude und Begegnung. Ein Höhepunkt des Festaktes war die Eröffnung einer Ausstellung mit Grafiken und Skulpturen von Günter Grass und Schülern, die sich mit seinem Werk beschäftigt haben. Gut 50 Exponate stellte der Literaturnobelpreisträger für die Ausstellung zur Verfügung. Die meisten von ihnen sind im Erdgeschoss des renovierten Schlosses platziert. Bis zum 10. Mai kann an Werktagen jeder Interessierte die Arbeiten bewundern und auch kaufen. Die Ausstellung ist zwischen 9 und 12.30 Uhr und 14 und 17 Uhr geöffnet, an den Freitagen bis 21 Uhr.

Von Marianne Schlestein

Rhein-Neckar-Zeitung: 23. April 2007