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Ein Jahr ohne Singen? Ein Jahr ohne CrossOverChor? Nicht bei uns am Thadden!

Die Corona-Pandemie hat der gesamten Kultur-Szene einen ungeahnten und noch nicht absehbaren Schaden zugefügt. Die Stimme als das ureigenste Instrument des Körpers wird auf einmal zu einem Stigma: „Singen macht krank!“ Es wird dauern, bis diese Botschaft sich wieder aus den Köpfen entfernen lässt und wir wieder lauthals aus voller Kehle mit Inbrunst und langem Atem SINGEN werden. Das Singen wird ins Hinterzimmer, ins Private verlegt. Unser CrossOverChor begann noch im ersten Lockdown, sich zu gemeinsamen Proben auf Zoom zu treffen. Immerhin – man sah sich, konnte gepflegt zumindest den Kontakt halten und als Einbahnstraße musizieren. Der Chorleiter sang und spielte, während die Chorsänger*Innen ihr Mikrofon ausgeschaltet ließen und für sich alleine für die anderen unhörbar aber mit dem Chorleiter im trauten Duette kantilierten.

Zoom – eine Zwischenphase, die ihren Zweck erfüllt hat, aber auch nicht mehr als das! Was bleibt hier alles auf der Strecke? Sich gegenseitig Wahrnehmen, Zuhören, Lachen, eine Gleichzeitigkeit im Handeln, Mehrstimmigkeit, Intonation, Gemeinschaft…

Nach dem 1. Lockdown konnten wir immerhin die Sommermonate für ein paar Outdoorproben nutzen. Zunächst waren 10, dann 20 Haushalte erlaubt und wir sagen nicht ganz angstbefreit und mit gehörigem Respekt vor einer potentiellen Ansteckung im Neuenheimer Feld in einem privaten Garten und dann regelmäßig vor der Thaddenkapelle, bis die Dunkelheit uns umfing. Immerhin rund die Hälfte des Chores nahm regelmäßig und in rotierendem System an der Probenarbeit teil und es konnten zwei zentrale Chorauftritte vorbereitet werden: zum einen meine eigene Verabschiedung als Kreuzkantor Ende Juli 2021, zum anderen im September die Amtseinführung meiner Nachfolgerin Kantorin Anna Vogt. Es war wunderbar, dass der Chor diese beiden Feiern begleiten konnte.

Dann rollte die zweite und dritte Covid-19-Welle durchs Land und ließ uns im Advent und an Weihnachten gerade einmal noch Spielraum für 4-8 köpfige Kleinstensembles, die in Präsenz für die Gottesdienste proben und auftreten durften.

Mit Beginn dieses Jahres musste nach erneutem Lockdown etwas Neues her. Die Lösung JAMULUS – eine kostenfreie Probenplattorm, die ein verzögerungsfreies akustisches Miteinander möglich macht. Dies aber ohne Bild! Die eierlegende Wollmilchsau gibt es eben auf der Welt nicht! Es waren so manche technische Hürden zu nehmen, aber inzwischen trifft sich wöchentlich knapp die Hälfte des Chores auf Jamulus. Mit Anna Vogt haben derzeit wöchentlich 8 Sänger*Innen die Gelegenheit, in Präsenz für Gottesdienste zu singen und zu proben. So ist derzeit für jeden „Geschmack“ etwas im Angebot.

Auch wenn auf Jamulus nur das Ohr angesprochen wird und das Bild bisweilen doch sehr fehlt, ist seither eine konstruktive Probenarbeit incl. Erarbeitung von neuem Repertoire und Stimmbildung wieder möglich.

Der Traum von Großprojekten wie dem „Messiah in the move“ scheint gedanklich in weite Ferne gerückt. Doch wenn wir eines aus dieser Pandemie gelernt haben, dann doch wie flexibel, anpassungsfähig, spontan und erfinderisch die Menschen geworden sind – stets bereit, sich wöchentlich auf neue Rahmenbedingungen einzulassen.

Ich persönlich klammere mich derzeit bei allen genannten Vorzügen der digitalen Welt an die Hoffnung, dass der Wunsch nach echtem Erleben, nach herzlicher persönlicher Begegnung und vielfältigem musikalischen Miteinander zu ungeahnten kulturellen Highlights postpandemisch führen wird. Unser Herz und unsere Seele dürsten nach Musik. Bei aller Schwermut / Schwerwut dieser Tage: ich freue mich auf die Musik danach!

Johannes Balbach, Chorleiter CrossOverChor & Fachleitung Musik